Alexander Graf Kolowrat-Krakowsky (1886-1927)

 

 

Den Teilnehmern unserer Ausfahrt Ende August ist sicherlich der grüne Ford Taunus Transit Bus aufgefallen mit einem Logo „Sascha“ auf den Türen. Dies war das Firmenemblem der größten österreichischen Filmproduktionsgesellschaft der Stummfilmzeit und der frühen Tonfilmzeit, der „Sascha-Filmindustrie AG“. Das Unternehmen wurde 1910 von Alexander Joseph „Sascha“ Graf Kolowrat-Krakowsky als Sascha-Filmfabrik gegründet.

 

Graf Kolowrat-Krakowsky war jedoch auch in der Motorsportszene der damaligen Zeit eine illustre Gestalt. Bereits im Alter von 20 Jahren gewann er 1906 auf einem Laurin & Klement Motorrad das Semmeringrennen, 1907 gelang es ihm durch den Erwerb eines umfangreichen Aktienpaketes einen Sitz im Verwaltungsrat von Laurin & Klement zu erhalten. Mit Automobilen dieser Marke beteiligte er sich an zahlreichen Bergrennen und Zuverlässigkeitsfahrten (1909 Prinz Heinrich Fahrt, 1912 und 1914 Österreichische Alpenfahrt, 1913 gewann er den Kaukasuspokal in Russland) Aber auch sein Filmunternehmen war von Erfolg gekrönt: so wurde die Firma 1918 nach der Fusion mit einem Filmverleiher zur Sascha Filmindustrie AG umgewandelt und wurde zum Marktführer in Österreich.

 

Uns ist Graf Kolowrat vor allem in seiner Verbundenheit mit der Automarke Austro Daimler bekannt. Durch seine Beziehungen und seine Freundschaft mit Ferdinand Porsche setzte er Anfang der 20er Jahre durch, dass ein 1100ccm Kleinwagen bei Austro Daimler entwickelt wurde. Porsche konstruierte dieses Fahrzeug, das dann auf den Namen „Sascha“ getauft wurde. Im Frühjahr 1922 erfolgte der erste Start des kleinen Rennwagens bei der Targa Florio in den Bergen Siziliens. In der Kategorie 1 (bis 1.100 ccm) siegte der österreichische Fahrer Fritz Kuhn vor Lambert Pöcher, beide mit „Sascha“-Rennwägen. Mit am Start auch Alfred Neubauer, in der großen Rennwagenkategorie, der ebenfalls auf einem „Sascha“ Wagen einen großartigen Erfolg einfuhr. Graf „Sascha“ Kolowrat selbst schied aus und er konstatierte:“..Das bekannte Schlagwort von den mörderischen Kehren der Targa Florio beruht sicher auf keiner Übertreibung. Den Pneumatiks wird hier eine doppelte Beanspruchung zugemutet, einmal beim Bremsen vor der Kurve und dann beim Wiederlosfahren, wobei häufig die Wagenräder wie toll am Boden schleifen.“.

 

Die Targa Florio war für Austro Daimler der erste Rennerfolg nach dem 1. Weltkrieg. Es folgten weitere Erfolge beim Ries-Rennen und beim Riederberg – Rennen in Österreich, aber auch international in Holland, Belgien (Spa), Spanien, Dänemark, England, Deutschland, Schweiz (Klausenrennen) und bei der Ungarischen Tourenfahrt, alles im Jahr 1922. Das Ende der Rennsaison im selben Jahr war jedoch überschattet durch den tödlichen Unfall von Fritz Kuhn auf einem „Sascha“ Rennwagen beim Grand Prix von Monza. In dieser Zeit soll es auch zu ersten Differenzen zwischen Porsche und der Austro Daimler Leitung gekommen sein.

Gleichzeitig stieg das Filmunternehmen des Grafen Kolowrat mit Monumentalfilmen wie „Sodom und Gomorrha“ (Regie Michael Curtiz,1922) sowie „Die Sklavenkönigin“ (1924) zu einem der erfolgreichsten europäischen Filmproduzenten auf. Wer die Gelegenheit hat, sich die rekonstruierte Fassung des Filmes „Sodom und Gomorrha“ anzusehen, wird in etlichen Aufnahmen Fahrzeuge der Marke Austro Daimler entdecken. Nachdem jedoch Ferdinand Porsche dann Austro Daimler verlassen hatte und auch Alfred Neubauer, langjähriger Freund von Graf Kolowrat, von Porsche weggeholt worden war, beendete dieser ebenfalls seine Verbindungen zu Austro Daimler, um sich wieder mehr seinem Filmunternehmen zu widmen.

 

Graf „Sascha“ Kolowrat starb am 4. Dezember 1927, mit nur 41 Jahren an Krebs. Die Ablösung des Stummfilms den Tonfilm stürzte die Sascha Filmindustrie AG in eine schwere Krise, die 1930 zum Ausgleich führte, es folgte der Verkauf.

 

Um nach Kriegsende das Verleih- und Vertriebsgeschäft nicht an ausländische Firmen zu verlieren, wurde am 13. September 1946 die Sascha-Film-Verleih und Vertriebsgesellschaft in Wien gegründet. Nach Kriegsende, vor allem in den 1950er- und 1960er-Jahren bis 1966, produzierte die Sascha-Film wieder unter eigenem Namen eine Reihe von Unterhaltungsfilmen – aus dieser Zeit stammt auch das Fahrzeug unseres Mitgliedes als Teilnehmer unserer Ausfahrt im August!

 

Doch Graf „Sascha“ Kolowrat bleibt unvergessen: in Wien-Favoriten ist seit 1975 die Kolowratgasse nach ihm benannt. Wer heute einen Sascha-Rennwagen bewundern möchte, kann dies im Porsche Museum in Stuttgart tun.

 

Quellen: Pfundner Martin „Die Auto-Österreicher“,Pinczolits Franz „ Austro Daimler“